Kunst

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Interdisziplinäres Kunstprojekt Stille Post!

11 Disziplinen, 22 Wochen, 33 Transformationen – ein interdisziplinäres Kunstprojekt. Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit der UdK Berlin, 2006 und Karl-Hofer-Preis Trägerin 2006

Projektbeschreibung

»Stille Post« ist bekannt als beliebtes Kinderspiel, bei dem mehrere Personen im Kreis sitzend eine Botschaft weiterflüstern. Der Empfänger sagt sie so, wie er sie versteht, dem nächsten Mitspieler ins Ohr, bis der letzte in der Reihe das Geheimnis lüftet. Größtes Vergnügen bereitet dieses Spiel durch die vieldeutigen Verfälschungen des Inhalts, die ins Unsinnige gewendete Sprache und die wild wuchernden Assoziationen. Die Lust an der zuvor nicht absehbaren Verwandlung weiter gereichter Worte und die Spannung, was aus den Botschaften im Ohr der anderen wird, machen den Reiz des Spieles aus. Am Ende ist jeder einzelne Mitspieler überrascht, dass er Teil an einer Transformation hat, bei der die ursprüngliche Mitteilung sich verliert, obwohl jeder einzelne doch nur das tatsächlich Gehörte weitersagt.

Was geschieht nun aber, wenn 11 Akteurinnen aus den Bereichen Architektur, Bildende Kunst, Design, Film, Fotographie, Komposition, Landschaftsarchitektur, Medienkunst, Musikvermittlung und Philosophie das Spiel »Stille Post« zum künstlerischen Prinzip erheben und sich ihre ‚Botschaften’ in Form realer Werke übermitteln? Wenn jede die von ihrer Vorgängerin empfangende Arbeit in ihre eigene Sprache oder ihr spezifisches Medium übersetzt, sie damit verändert und als »Remake« weiter zirkulieren lässt?
Vom 18.-25. Juni 2006 wird in der Neuen Galerie der Karl Hofer Gesellschaft, Oberschöneweide in Berlin das Ergebnis dieses künstlerischen Transformationsprozesses präsentiert. Zu sehen sind 33 Werke, die sich einer interdisziplinären und intermedialen Übersetzungsarbeit verdanken. Ausgehend von 3 Arbeiten haben sich 11 Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen auf das Spiel der Transformation eingelassen. Jede der beteiligten Akteurinnen hat in einer festgelegten Zeit von je 14 Tagen in einer zuvor bestimmten Reihenfolge auf die drei Arbeiten in einem jeweils anderen Transformationszustand reagiert. Dabei ist streng darauf geachtet worden, dass keine zweimal auf die gleiche Mitspielerin antwortet und sich die größte Vielfalt an disziplinären und medialen Übersetzungen ergibt.

Zugleich wurde die Einhaltung des Stillschweigens gefordert: In dem 22 Wochen währenden Transformationszeitraum verständigten sich jeweils nur die beiden an der Übergabe Beteiligten miteinander, die übrigen erfuhren erst am Schluss von dem, was zwischen allen anderen übertragen wurde.

Anders als beim Kinderspiel werden diese Zwischenzustände in der Ausstellung publik gemacht, so dass die Besucher drei Reihen von Werken in ihrer Genealogie mit dominanten Linien, Umbrüchen oder Abzweigungen nachvollziehen können. Wenn auf ein Musikstück mit einem theoretischen Text geantwortet wird, auf dieses Schriftstück eine Serie von Fotografien folgt, die Anstoß einer Videoarbeit wird, dann ergeben sich daraus vielfältige Verschränkungen. Von Interesse sind dabei sowohl die Anknüpfungspunkte zwischen den Kunstformen und Disziplinen, in denen sich Schnittstellen von Positionen, Themen und Verfahren wider-spiegeln, als auch das Sichtbarmachen des im Laufe der Umarbeitungen nicht Mitgeteilten oder verloren Gegangenen. Nicht nur die Möglichkeiten gleichrangiger Inter- oder Transdisziplinarität, sondern auch die Unübersetzbarkeiten und die Zäsuren werden so markiert.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der das Verfahren der künstlerischen Transformation kunsttheoretisch und kunstgeschichtlich verortet.

Das Ausstellungsprojekt wird kofinanziert durch das Berliner Programm zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre und durch das Mentoring-Programm der UdK Berlin. Mit freundlicher Unterstützung der UdK Berlin und der Karl Hofer Gesellschaft.

Kreisgrafik

Spielregeln

  1. Der Spielzeitraum beträgt 22 Wochen, Beginn ist der 04.11.2005.
  2. Jede Spielzeit einer Akteurin beträgt 2 Wochen. Übergabetermin ist jeweils der Freitag alle zwei Wochen.
  3. Jede Akteurin reagiert auf ein vorangegangenes Objekt und gibt ihr Produkt ausschließlich an die nächste Akteurin weiter.
  4. Der Ausgangsstoff ist der Begriff „POST“, er ist allen bekannt.
  5. Drei Akteurinnen reagieren auf diesen ersten Begriff.
  6. Ihre drei Arbeiten werden, wie alle weiteren auch, ausschließlich an die drei nächsten, transformierenden Akteurinnen weitergegeben.
  7. Jede Akteurin reagiert insgesamt drei Mal auf eine vorangegangene Arbeit. Es gibt drei unabhängige Spielrunden.
  8. Jede Akteurin antwortet in jeder der drei Runden auf eine andere Mitspielerin.
  9. Die Übergabe der Arbeit muss 1:1 erfolgen, d.h. das Ergebnis einer Arbeitsphase wird im Original weitergegeben.
  10. Die Vermittlung wird begrenzt, d.h. die abgebende Akteurin erklärt nichts, sondern stellt hin, zeigt, spielt oder liest vor.
  11. Jedes Transformationspaar verfertigt ein Übergabeprotokoll. Dieses ist als Text mit drei Fragen und max. 10 Sätzen für die Antwort zu verfassen.

Auf der Grafik ist die Abfolge der Spielrunden nachzuvollziehen. Jeder Abschnitt steht für eine Arbeitsphase von zwei Wochen.


weitere informationen auf der Seite vom Mentoringprogramm